Sehr zurückhaltend der Faktencheck. Inhaltlich nichts auszusetzen, weil eigentlich nichts gesagt. Schade. Die Ernsthaftigkeit unf Bedrohlichkeit versteckt sich hinter dem Hinweis, dass es zu früh ist eine konkrete Aussage zu treffen.
Vielleicht bin ich einer der gescholtenen "Apokalyptiker" - eigentlich halte ich mich für sachlich und spekuliere anhand von verfügbaren Fakten mit besonderem Blick auf denkbare Störungen und deren nachteilhafte Effekte auch wenn mir andere Theorien besser gefallen - aber dem Herr Hockertz kann ich nur von Herzen wünschen, das er recht hat.
Faktisch kann ich nur beobachten, dass in Regionen, in denen durch zu schnellen Anstieg der Erkrankungen die medizinische Versorgungslage ans Limit fährt, derzeit auch in hochentwickelten Ländern bis zu 10% der akut Erkrankten sterben können (als trauriges Beispiel dient hier Norditalien). Was passiert, wenn diese Regionen keine intakten und vorbereiteten Nachbarregionen haben, in die man Notfälle ggf. verlegen kann (wie jetzt Elsaß/Baden-Württemberg) ist völlig unbekannt - und in meinem hoffentlich zu großen Pessimismus, denke ich, dass man in diesem Fall mit höheren Sterberaten rechnen muss.
Solange in Ländern, die flächendeckend und grundsätzlich eine ordentliche medizinische Infrastruktur als Teil des "Systems" unterhalten, die Anlaufstellen nicht überfordert werden, liegt die Todesfallrate bisher immer um oder sogar etwas unter 1%. Das war anfangs auch in Italien und Elsaß so.
Dass Menschen irgendwann sterben, ist klar. Dass da auch mal ein Virus im Spiel sein kann auch. Influenza beispielsweise... da wird i.d.R. nicht besonders heiß öffentlich diskutiert. Das ist im Einzelfall natürlich trotzdem tödlich, aber die Influenza kann nicht so ein Lauffeuer anrichten, wie ein Virus ohne Gegenmittel - so einer ist der aktuelle Korona-Abkömmling (weder verlaufslindernde Medikamente, noch Impfstoff sind derzeit überzeugend erprobt geschweige denn flächendeckend verfügbar).
Im Moment sind unsere Versorgungssysteme noch nicht überfordert. Das ist gut. Und vielleicht stabilisiert sich bei uns die Covid-korrelierte Todesfallrate - die Rate ist leider auch bei uns leicht steigend aktuell etwa 0,6% gegenüber anfänglich um 0,3%.
Was genau geschieht, wenn die Behandlungsfälle die Behandlungskapazität übersteigen, weiß keiner - es gibt inzwischen leider Regionen in denen das schon passiert ist und wo sich Konsequenzen ergaben, die wir hier bei uns eigentlich nicht haben wollen. Wie gesagt: Norditalien um 10%, Frankreich/Elsaß um 8%, Spanien zieht nach, USA (aktuell New York) schwer am kommen...
Ziel muss sein, unsere Behandlungskapazität nicht zu übersteigen, wenn wir nicht den "schlechten Beispielen" folgen wollen. Die Folgen unserer Maßnahmen deuten in den Statistiken darauf hin, dass die Neuerkrankten derzeit sich wöchentlich etwa verdreifachen. Wenn wir nicht schaffen, wirklich zu bremsen, wird's irgendwann eng - ich halte die aktuellen staatlich eingeführten Maßnahmen zu schwach, bzw. die Anzahl derer, die sich nicht dran halten oder völlig unnötige "ist doch erlaubt" Aktionen wie Hamstertourismus pflegen ist noch zu groß. Verdreifachung jede Woche, heißt, dass es zunächst vermutlich in einer Woche in D brenzlige Regionen geben wird (Nürtingen ist wohl schon am Limit) und dass in zwei Wochen ziemlich bundesweit alle Hütten ans Limit gefahren sind. Dafür habe ich jetzt keinen Beweis - genaue Anzahl der Notfallbetten ist mir nicht bekannt und ich will nicht schwarzmalen, sondern ein sehr wahrscheinliches Szenario abbilden, dass bei unveränderter Entwicklung der Fallzahlen eintreten kann - weder muss noch garantiert wird, sondern einfach kann - don't panic, aber nehmt das bitte ernst!
Wir beobachten also, dass sich die Fallzahlen im Moment wöchentlich etwa verdreifachen, was gegenüber den Vorwochen ein etwas günstigeres Bild ergibt, als es befürchtet werden konnte. Die wöchentliche Steigerung der Fallzahlen lag bisher eher zwischen Verfünffachung und Verzehnfachung. Aus oben genannten Gründen müssen* wir (*:ich seh als Regelungstechniker die Notwendigkeit der Prozessbeherrschung) die Steigerung der Neuinfektionen auf möglichst nahe Faktor 1 bringen - ist so ein bisschen wie die Lambdaregelung, nur dass bei Lamda der neue Wert zwei oder drei Kurbelwellendrehungen später gemessen werden kann und bei Corona erst etwa eine Woche bis 10 Tage später. Eine im Alltag für die allermeisten selten erlebte Dauer der Totzeit.
Ich persönlich befürchte, dass wir bei Nichterreichen des "Lambda"-Wertes mittelfristig eine Überforderung des medizinischen Versorgungsapparates bewirken und dann auch bei die Sterblichkeit signifikant zunimmt. Mit 1-2% können wir alle vermutlich einigermaßen leben - und das ist die Perspektive wenn wir die Kontrolle erlangen. Wenn's in Richtung 10% geht... wird's echt komisch. Um das zu verhindern würde ich sogar für vier Wochen auf Klopapier verzichten. Wie ich von Drittweltreisenden weiß, braucht man nach drei Tagen ohne Klopapier keines mehr - man hat dann gelernt wie man auch ohne klar kommt.
Ich weiß, dass wir uns hier weitestgehend einig sind, aber da ich grad meinen Tee stehen habe und von keiner tollen Tour berichten kann, hab ich einfach mal davon ein bisschen erzählt. Hoffe dass es einigermaßen unterhaltsam war. In diesem Sinne, bleibt noch ein bisschen auf der Bremse. Kann sein, dass der Olli dann doch früher als erwartet ein neues Sofa braucht, aber das ist in der aktuellen Entwicklung eines der kleineren Probleme.